Strukturierte Teamgespräche
Konfliktprävention durch institutionalisierte Metakommunikation im Team
Kennen Sie ein Unternehmen, in dem sich die Vorgesetzten regelmäßig mit den Mitarbeiter*innen zusammensetzen und nicht wie üblich über fachliche Themen, sondern über die Zusammenarbeit als Team sprechen?
Die Methode, die ich Ihnen vorstellen möchte, nennt sich strukturiertes Teamgespräch. Hierbei handelt es sich um einen regelmäßigen, durch die Führungsperson moderierten Austausch des gesamten Teams über die Qualität der Zusammenarbeit, Führung und Strukturen. Das Gespräch sollte als gleichwertige Institution neben den ebenso notwendigen fachlich-organisationalen Teamsitzungen betrachtet werden. Dabei werden wichtige Fragen behandelt wie:
- Wie ist die Stimmung im Team?
- Wie fühlen sich die Mitarbeiter*innen geführt, informiert, motiviert?
- Welche zwischenmenschlichen Pannen und/oder Irritationen gab es im letzten halben Jahr und was soll daraus für die Zukunft gelernt werden?
- Was wünscht sich das Team an möglichen Veränderungen?
- Was ist gut und soll so bleiben – wovon benötigt das Team mehr bzw. weniger?
Die Arbeit in Teams zeichnet sich durch unterschiedliche Kompetenzen und Schwerpunkte aus. Um diese Schwerpunkte gemeinsam in Einklang zu bringen und die Ziele planvoll zu gestalten, ist es unbedingt notwendig, die Bedürfnisse und Ansichten zu diskutieren sowie sich damit auseinander-zusetzen.
Es ist mittlerweile WO weit verbreitet, dass Führungspersonen mit ihrem Mitarbeiter*innen einmal im Jahr ein Jahresgespräch unter vier Augen führen, in dem neben der Zielerreichung, der fachlichen Qualifikation und der Laufbahnplanung auch um das Wohlbefinden, die Kooperation und die persönliche Entwicklung geht. Strukturierte Teamgespräche ergänzen diese Methode, indem nicht nur bilateral, sondern im gesamten Team offen über die Formen und Farben der Zusammenarbeit gesprochen wird.
Die Zusammensetzung ist der einer normalen Teambesprechung sehr ähnlich: das gesamte Team sitzt zusammen, der Chef moderiert. Im Inhalt aber unterscheiden sie sich deutlich. Den Ablauf (Abb.1) möchte ich Ihnen im Folgenden erläutern:
- Phase: Einstieg
Dem Team wird im Einstieg nach der Begrüßung zunächst die Methode vorgestellt. Hier ist es unbedingt notwendig, die Freiwilligkeit der Teilnahme zu betonen. Zudem kommt die teaminterne Verabredung, die besprochenen Inhalte nicht nach außen zu tragen. Dies ist wichtig, damit eine vertrauensvolle Atmosphäre gewährleistet werden kann.
- Phase: Stille Themensammlung
Die Teammitglieder bekommen den Auftrag, sich alleine für zehn bis fünfzehn Minuten mit den für die Person wichtigen Themen auseinanderzusetzen und diese auf Moderationskarten zu dokumentieren.
Folgende Leitfragen können ungeübten Teammitgliedern zur Themensammlung helfen:
- Was funktioniert innerhalb des Teamgefüges gut, was weniger gut?
- Gibt es zwischenmenschliche Irritationen/Störungen?
- Wie ist die eigene Stimmung?
- Phase: Selbstklärung
In der folgenden Runde stellt nun jedes Teammitglied einzeln seine Sicht anhand der Moderationskarten in einem Zwiegespräch von ca. 5-10 Min. vor. Die anderen hören zu und stellen lediglich Verständnisfragen. Jede Form von Dialog, also direkte Reaktionen, Korrekturen, Unmutsäußerungen werden strikt unterbunden und auf die Phase des Dialogs verwiesen. Die Führungsperson fragt dabei solange nach, bis sie die Sichtweise verstanden hat und die Teammitglieder keine Unklarheiten mehr äußern.
Heilsam ist an diesem Prozess die Möglichkeit für jedes Teammitglied, die eigenen Gedanken zusammenhängend und umfassend vor den anderen darzulegen und dabei nicht unterbrochen zu werden oder sich rechtfertigen zu müssen. Das bis zum Verstehen führende Nachfragen bringt eine günstige Verlangsamung des tendenziell schnell eskalierenden Miteinanders in Teams mit sich.
- Phase: Klärung und Dialog
Gemeinsam mit dem Team ordnet jetzt der/die Vorgesetzte die Karten – positive werden wertschätzend zur Kenntnis genommen und auf einen Stapel gelegt. Die Kritikpunkte werden thematisch geclustert. Aus ihnen entsteht auf dem Tisch oder an der Pinnwand die Agenda für den nun folgenden Dialog, der von der Führungskraft moderiert wird. Ziel ist dabei vorrangig, die unterschiedlichen Positionen, Irritationen oder Vorbehalte durch Nachfragen möglichst genau zu verstehen, um durch deren Klärung eine stabile Basis für Lösungen zu schaffen.
Im Anschluss wird das Team dazu angehalten, eigene Ideen und Vorschläge für eine konstruktive Zusammenarbeit zu sammeln und gemeinsam dialogisch zu formulieren.
- Phase: Abschluss
Die Lösungsansätze werden auf einer Flipchart zusammengefasst. Alle Teilnehmer*innen haben jetzt nochmal die Möglichkeit, sich reflektierend zu äußern. Die Lösungen werden zu diesem Zeitpunkt nicht mehr neu diskutiert. Die Flipchart sollte als Fotoprotokoll allen Teammitgliedern zur Verfügung stehen.
Für einen gelingenden Prozess ist es ratsam, dass die Führungskraft den Erfolg des strukturierten Teamgesprächs reflektiert. Gerade die Doppelrolle als allparteiliche/r Moderator*in und Teamleitung kann eine Herausforderung darstellen. Möglicherweise ist eine Vor- und Nachbesprechung durch eine externe Begleitung ratsam.
Dauer
Wie lang ein strukturierte Teamgespräch dauert, hängt von der Anzahl der Teammitglieder ab. Richtwerte sind dabei bei zwei Mitarbeitern etwa eine Stunde, bei fünf mindestens zwei Stunden, bei zehn Teammitgliedern bis zu dreieinhalb Stunden.
Schlüsselbegriffe
Teamgespräch, Metakommunikation im Team, Führungskräfteentwicklung, Konfliktprävention, Teamentwicklung, Motivationsförderung, Klärungshilfe